Lange bevor jemand an mich dachte, kam meine Familie als Flüchtlinge nach Deutschland. Sie fanden schnell ihren Platz und nutzten die Chancen, die ihnen das neue Land bot. In einem Wohnprojekt für Flüchtlinge erhielten sie die Möglichkeit, ein eigenes Haus zu bauen. Genau zum perfekten Zeitpunkt, als das Haus fertiggestellt und der Garten angelegt war, wurde ich geboren. Unser Zuhause lag in einer kleinen Siedlung am Ortsrand eines Dorfes nahe Stuttgart, und ich hatte eine eigene weiche Felldecke, auf der ich als Baby oft lag. Aus irgendeinem Grund wurden die meisten meiner Babyfotos auf diesem Fell gemacht.
Meine Mutter erzählte mir einmal, dass sie schon mit sieben Jahren wusste, dass ihr erster Sohn Ruben heißen würde. Eines Tages war ich dann dieser Ruben – der erste Sohn nach einer Reihe von Schwestern. Schnell wurde ich der Liebling der Familie, der zweite Enkelsohn meiner Großeltern und der einzige Sohn meiner Eltern. Bei Familientreffen oder Heimattreffen wurde ich oft von den Großmüttern überschüttet – ich wusste oft gar nicht, wie mir geschah. Besonders lebhaft erinnere ich mich an ein Heimattreffen in der Schleierhalle, bei dem mich die älteren Damen mit Süßigkeiten überhäuften und mich liebevoll drückten. Ich mochte diese Treffen, weil es immer etwas zu naschen gab und die Omas unglaublich herzlich waren.
Wenn ich heute an die Sprache denke, die damals gesprochen wurde, fühle ich mich sofort zuhause. Leider ist diese Sprache mittlerweile ausgestorben – sie bestand aus einer Mischung aus Deutsch, Russisch, Ukrainisch, Rumänisch, ein wenig Französisch, Schweizerdeutsch und Jiddisch, die heute niemand mehr spricht.